Hören Sie zu, wie Chillon tickt

Über dem Eingang des Schlosses Chillon thront eine riesige Uhr. Haben Sie sie schon gesehen? Seit über fünf Jahrhunderten ist sie Teil der Architektur der Burg, aber zwischen den hohen Mauern und Türmen ist sie eher diskret.

Hören wir einmal genauer hin, wie sie tickt.

Berner Uhr in Chillon

Als die Berner Stunde schlug

1536 nahmen die Berner das Waadtland ein und vertrieben die Herzöge von Savoyen, welche die Waadt über drei Jahrhunderte lang besessen hatten. Die Berner besetzten die Machtzentren und übernahmen sie. Die Schlösser wurden zum Sitz der lokalen Berner Behörden. Für die pragmatischen Neuankömmlinge sollte nichts verloren gehen, nichts neu erschaffen werden, sondern alles wiederverwendet werden…

Das Schloss Chillon war keine Ausnahme. Es ermöglichte den Eroberern, ihre Macht von Vevey bis Villeneuve zu behaupten und die Achse zwischen dem Chablais und Lausanne zu kontrollieren. Unweit von Chillon, in Villeneuve, unterhielten sie zwei Galeeren, die sie von den Savoyen geerbt hatten, um sich die Hoheit über dieses Ende des Genfersees zu sichern.

Schon bald, im Jahr 1540, bestimmten die Berner, dass am viereckigen Turm im Osten von Chillon ein Uhrwerk eingebaut werden sollte. Zuerst liessen sie das Zifferblatt malen. Drei Jahre später wurde der Mechanismus, der die Uhr antrieb, per Schiff gebracht und schliesslich installiert. Die Uhr wurde 1582 fertiggestellt, als eine Glocke im Dachstock des Turms ihren Platz fand.

Diese Einrichtung wurde zu einer der ältesten Uhren im Waadtland und zu einem wichtigen Teil des kantonalen Kulturerbes.

Glocke des Wachturms in Chillon

Zeit ist Macht

In der Renaissance waren die Behörden dafür zuständig, die Zeit mitzuteilen. Es gab nur wenige Uhren. Ein Glockenschlag war nicht bloss ein Glockenschlag, sondern auch ein Machtinstrument der modernen Staaten.

In Chillon eine Uhr einzubauen, bedeutete, die Zeit zu kontrollieren. So konnte den Menschen in der Umgebung gezeigt werden, über welches Prestige, welchen Reichtum und welche Modernität das neue Regime verfügte. Es ging darum, klar zu machen, wer die neuen Herren waren. In dieser Sache waren die Berner sehr geschickt und wandten unterschiedliche Methoden an.

Sie unterhielten die Uhr auch weiterhin. Im Laufe des 17. Jahrhunderts liessen sie sogar das Wappen ihres Kantons auf das Zifferblatt malen. Bling bling, wie wir heute sagen würden…

Heute schweigt die Uhr. Ihre Räder sind zu zerbrechlich und funktionieren nicht mehr. Sie müssten restauriert werden. Das alte Uhrwerk aus dem 16. Jahrhundert mit seinem Gegengewicht ist aber immer noch auf dem Besucherrundgang zu sehen, unweit von seinem früheren Platz. Es ist ein wichtiger Zeuge der Schweizer Handwerkskunst der Renaissance.

Tauchen Sie in diesen Teil der Vergangenheit und der Architektur unseres Baudenkmals ein. Kommen Sie nicht zu spät!

Objekt des Monats: die Uhr

 

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