Waffen und Rüstungen

ORT

Verteidigungsturm, Raum Nr. 35
Verlies, Raum Nr. 42

 

 

Das Schloss Chillon verfügt über drei Waffensäle, die sich im Verteidigungsteil des Bauwerks befinden.

Zwei Stockwerke des Bergfrieds sind den Waffen aus dem Mittelalter bis ins 17. Jh. gewidmet. Im ersten sind eine Auswahl an Schwertern, Streitkolben und Hakenbüchsen zu sehen, im zweiten eine Hellebardensammlung.

Der Verteidigungsturm beherbergt drei Rüstungen, darunter ein Kettenhemd.

Als der Archäologe und Kunsthistoriker Aloys de Molin (1861-1914) im Jahr 1893 Konservator des Schlosses wird, tätigt er eine Serie von Käufen, um das Schloss zu möblieren. An Auktionen ersteht er wertvolle Gegenstände wie beispielsweise Statuen und Glasfenster, aber auch Waffen und Rüstungen. So begründet er eine der Ausrichtungen des zukünftigen Museums, das in Chillon entstehen soll.

Zwanzig Jahre später erhöht der Schlossarchitekt und erste Waadtländer Kantonsarchäologe Albert Naef (1862-1936) die Qualität der Sammlung, indem er sich dem Vermächtnis von Eugène Aunant annimmt. Die Waffen werden zwischen dem Waadtländer Archäologischen und Historischen Museum in Lausanne und dem Schloss Chillon™ aufgeteilt. Naef legt mehr Wert auf Qualität und Authentizität, denn auf die blosse Zahl. Er bereichert die Sammlung beispielsweise mit einem deutschen Zweihandschwert aus dem Jahr 1536 und einer Hakenbüchse aus dem 17. Jh., die aus einer luzernischen Werkstatt stammt.

In den darauffolgenden Jahren investiert er mehr Geld in den Ankauf von Waffen als von anderen Gegenständen.

Auch heute werden die Sammlungen nach wie vor hauptsächlich durch Schenkungen, Leihgaben und Legate angereichert. Beinahe alle ausgestellten Hellebarden stammen aus der Leihgabe von Charles Marcel, die seit 1970 der Vereinigung für die Restaurierung von Schloss Chillon gehört. Vor nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2004, ermöglichte es die Schenkung Bron dem Schloss, die im 19. Jh. angefertigte Nachbildung einer kompletten deutschen Plattenrüstung aus dem 16. Jh. zu erstehen.

Lionel PERNET (Herausg.), Révéler les invisibles : Collections du Musée cantonal d’archéologie et d’histoire de Lausanne. 1852-2015, Gollion  Infolio Editions, 2017.Nicolas P. BAPTISTE, Armatus corpus : Princes et chevalier (1330-1530). 600 ans du duché de Savoie, Gollion: Infolio Editions, 2016

Waffen

ORT
Zweiter Stock des Bergfrieds, Raum Nr. 46

Im zweiten Stock des Bergfrieds befindet sich die Dauerausstellung der alten Waffen vom Schloss Chillon mit einer Armbrust und mehreren Pfeilspitzen aus dem Mittelalter sowie einer Kurbelwinde, die als „Seilwinde“ bezeichnet wird, mit der die Pfeile der Waffe wieder aufgeladen werden.

In der Schweiz erscheint die erste erwähnte Armbrust im Jahr 1235 auf dem Siegel von Stadtrat Johann von Hildisrieden von Luzern. Obwohl langsam, ist diese Waffe präzise, kraftvoll (Armbrüste schießen Pfeile mit mehr als 300 Kilometern pro Stunde) und einfach zu handhaben. Das macht es zu einem sehr tödlichen Objekt. Die Kirche verbietet seine Verwendung, aber die europäischen Souveräne berücksichtigen sie nicht.

Das Modell, das in Chillon präsentiert ist – eine Schenkung einer Person aus dem Jahr 1825 – stammt aus dem 15. Jahrhundert. Es ist aus Fruchtholz gefertigt und mit einer Einlage aus Hirschgeweih und Horn versehen. Ursprünglich war der Bogen an der Vorderseite der Waffe mit bemalter Birkenrinde bedeckt. Die Reichweite wird auf 150 Meter geschätzt, jenseits der üblichen 70-90 Meter. Zum Zeitpunkt der Herstellung wurden die Armbrüste so steif, dass man Jacken brauchte, um sie zu binden, wie die Seilwinde im Schaufenster (17. Jahrhundert). Nach dem Erscheinen der Feuerwaffen war ihre Verwendung der Jagd vorbehalten. Schließlich, im 19. Jahrhundert, wurden sie zu Sportwaffen.

Gefunden auf dem Schloss bei archäologischen Ausgrabungen um die Jahrhundertwende, stammen die verschiedenen vorgestellten Pfeilspitzen aus dem 13. bis 15. Jahrhundert. Sie neigen dazu, sich zu straffen und zu verlängern und ermöglichen es, die enorme Größe der Projektile zu schätzen.

Seilwinde
17.-18. Jahrhundert
Metall nicht spezifiziert
Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne
MCAHL 00736
Unbekannter Ursprung

Pfeilspitze (Armbrust oder Bogen)
13.-14. Jahrhundert
Metall nicht spezifiziert
Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne
PM/1044
Gefunden im Graben 1903

Pfeilspitze einer Balliste (Riensenarmbrust)
14.-15. Jahrhundert
Metall nicht spezifiziert
Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne
PM/1054
Gefunden im Turm Z1 1903

Pfeilspitze (Armbrust oder Bogen)
14.-15. Jahrhundert
Metall nicht spezifiziert
Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne
PM/1056
Gefunden im 4. Hof 1900

Pfeilspitze (Armbrust oder Bogen)
14.-15. Jahrhundert
Metall nicht spezifiziert
Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne
PM/1057
Gefunden im 4. Hof 1900

Pfeilspitze (Armbrust oder Bogen)
14.-15. Jahrhundert
Metall nicht spezifiziert
Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne
PM/1058
Gefunden im 4. Hof 1900

Pfeilspitze (Armbrust oder Bogen)
14.-15. Jahrhundert
Metall nicht spezifiziert
Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne
PM/1059
Gefunden im 4. Hof 1900

Pfeilspitze (Armbrust oder Bogen)
14.-15. Jahrhundert
Metall nicht spezifiziert
Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne
PM/1060
Gefunden im 4. Hof 1900

 

Arkebuse mit Luntenschloss

ORT
Zweiter Stock des Bergfrieds, Raum Nr. 46

 

Im Juli 1913 vererbte der Doktor Eugène Aunant aus Lausanne dem Schloss Chillon insgesamt rund dreissig Gegenstände, darunter diese Arkebuse. Das Erbe wurde vom damaligen Kantonsarchäologen Albert Naef zuerst auf zwei Institutionen aufgeteilt: das Schloss und die „Association du Vieux-Lausanne“ (aus der später das historische Museum von Lausanne hervorging). Der Grossteil der Waffen und Rüstungen wird heute im kantonalen Museum für Archäologie und Geschichte aufbewahrt. Nur diese Arkebuse und ein Kettenhemd aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert sind in Chillon ausgestellt.

Auf dem achteckigen Lauf der Arkebuse sind die Wappen der Stadt Luzern und des Luzerner Büchsenmachers Hans Horwer zu sehen. Dieser wird auch in den Quellen von 1605 bis 1620 erwähnt, was darauf schliessen lässt, dass die Waffe zwischen 1600 und 1620 hergestellt wurde. Sie wurde vermutlich in Schiessständen und zur Hirschjagd verwendet. Da der Lauf über Drall verfügt, konnte extrem präzise gezielt werden. Die Arkebuse gehört zu der Sorte von Waffen, die Anfang des 15. Jahrhunderts entstanden. Sie waren schwierig handzuhaben, schwer und benötigten deshalb eine gegabelte Stütze.
Die Arkebusen wurden schon bald reich verziert und so zu regelrechten Luxusobjekten. Unsere Arkebuse ist ein gutes Beispiel dafür mit ihrer üppigen Verzierung aus eingelegten Gold und geprägtem Perlmutt auf dem Kolben und dem Schaft. Der Kolben ist mit Blumen, Laubenornamenten, Federn, den gejagten Tieren, Genrebildern und Landschaften geschmückt.
Der Schaft zeigt hingegen eine berühmte Szene aus der griechischen Mythologie : das Urteil des Paris. Die drei Göttinnen Aphrodite, Hera und Athena wurden von Hermes zusammengerufen, der sich in ihrer Mitte befindet und an seinem Äkulapsstab erkennbar ist. Über dem Griff thront Paris, der nach der Mode des 17. Jahrhunderts gekleidet ist und von seinem Pferd und seinen Hunden umgeben ist. Er schickt sich an, Aphrodite – der Göttin der Liebe – einen Apfel zu übergeben – Zeichen dafür, dass sie die schönste der Göttinnen ist.

Rüstungen

Halbrüstung aus Eisen

ORT
Zweiter Stock des Bergfrieds, Raum Nr. 46

 

Diese Plattenrüstung wurde auf die 1560-Jahre datiert, denn ihr Stil entspricht demjenigen anderer Rüstungen aus der gleichen Epoche. In den Harnisch sind oben rechts zweinStempel geprägt, die der Familie der Rüstungsschmiede Hofmann zugeordnet werden, einer Familie deutschen Ursprungs, die sich ab 1552 in Frauenfeld (Kanton Thurgau) niedergelassen hatte.

Diese Rüstung kam vermutlich um 1893 in die Sammlung von Chillon. In diesem Jahr nahm der damalige Konservator des Schlosses Aloys de Molin (1861-1914) in Zürich an einer Auktion statt, die vom Antiquar Gubler organisiert wurde. Da die Möbel schwindelerregende Preise erreichten, gab de Molin sich schliesslich mit Waffen und Rüstungen zufrieden, wovon er rund zwanzig Stücke erstand.
Diese Halbrüstung besteht aus zwölf Einzelteilen, die durch Lederriemen zusammengehalten werden: Harnisch und Rückenpanzer, Kragen, Armschütze, Handschuhe, zweiteilige Beintaschen (bewegliche Teile, welche die Oberschenkel schützen) und eine Schamkapsel, ein eher seltenes Teil, das den Schritt bedeckt. Nur das Visier, welches das Gesicht schützte, ist verloren gegangen.
In der Mitte des Harnischs ist 1592 zu lesen. Da die Rüstung schon früher hergestellt worden ist, muss dieses Datum als Hinweis auf eine wichtige Veranstaltung verstanden werden. Es könnte ein Zusammenhang mit dem Frauenfelder Schützenverein bestehen, dessen Mitglieder im gleichen Jahr auf ein Holzschild gemalt worden sind.
Die Rüstung wurde im Jahr 2014 umfassend restauriert. Ein aufwändiges Verfahren erlaubte es, ihre ursprüngliche „weisse“ Farbe wieder herzustellen, die nach der Schmiede durch Polieren erreicht und im Laufe der Zeit von der Korrosion verdunkelt worden war. Deshalb wurde sie lange als schwarze Rüstung angesehen.

Halbrüstung
Um 1560
Deutschland oder Schweiz
Eisen, Kupferlegierung und Leder
MCAHL
Inv.: 00161

 

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