Am Pranger stehen im Schloss Chillon

Das Gefängnis (Raum Nr. 9) ist zweifellos der berühmteste Ort im Schloss Chillon. Hier spielt das Gedicht «Der Gefangene von Chillon», das 1816 von Lord Byron geschrieben wurde. Doch dieser riesige, in gotischer Architektur erbaute Raum bietet eine Unzahl weiterer Dinge, die oft die Neugierde der Besuchenden wecken.

 

Der Pranger von Chillon

Eines davon ist besonders beim jungen Publikum beliebt: der Schandpfahl, oft auch Pranger genannt. Er steht auf der rechten Seite des Gefängnisses, direkt nach den ersten drei Säulen und neben dem Felsen, auf dem die Burg erbaut wurde.

Im Mittelalter diente er dazu, Menschen, die ein ziemlich schweres – aber nicht allzu schlimmes – Verbrechen verübt hatten, zu bestrafen und sie öffentlich zu erniedrigen. Es handelte sich beispielswiese um Kaufleute, die ein falsches Mass verwendeten, um falsche Zeugenaussagen oder um Menschen, die Gott oder ihren Herrscher beleidigt hatten.

Der Pranger von Chillon verfügt über einen Metallring, der den Schuldigen für eine gewisse Zeit (je nach der auferlegten Strafe einige Stunden bis mehrere Tage lang) um Hals gelegt wurde. Der Schandpfahl befand sich an einem öffentlichen Ort und ermöglichte es der übrigen Bevölkerung, sich über die so ausgestellte Person lustig zu machen.

Wie kommt es also, dass dieser Pranger in einem Gefängnis steht, das ja ein geschlossener und nicht öffentlicher Ort ist?

Um das zu erklären, müssen wir ins 19. Jahrhundert zurückreisen. Zu dieser Zeit hatte der Kanton Waadt, dem das Schloss damals gehörte, die Idee, in Chillon ein historisches Museum über das Mittelalter einzurichten. In diesem Sinne wurden bestimmte Gegenstände erworben, darunter Folterinstrumente.

Im Zuge dieser Käufe arbeitete die Verwaltung mit Antiquitätenhändler:innen zusammen, die den Konservatoren die Früchte ihrer Suche verkauften, die als interessant eingestuft werden.

Der Pranger von Chillon wurde Ende 1888 von einem Antiquitätenhändler aus Vevey erworben. Er stammt aus dem Schloss Kyburg im Kanton Zürich. Er geht auf die Moderne zurück, was heisst, dass er zweifellos im 17. oder 18. Jahrhundert hergestellt wurde. Eine genauere Datierung ist nicht möglich.

 

In Chillon wurde er zuerst in einem der Verteidigungstürme auf der Landseite platziert, bevor er 1960 ins Gefängnis kam.

Seine Funktion wird manchmal missverstanden. Junge Besuchende denken manchmal wegen der schweren (aber kurzen!) Kette, die zum Halseisen führt, dass es sich um einen Galgen handelt. Das Interesse, das er weckt, und die Fragen, die er aufwirft, machen den Pranger zu einem hervorragenden Instrument für die Kulturvermittlung, denn er erlaubt es, gewisse Aspekte der mittelalterlichen und der modernen Justiz zu diskutieren.

Habt keine Angst, in die Tiefen des Gefängnisses von Chillon einzutauchen, um den Pranger zu sehen, aber seid brav… sonst werdet ihr plötzlich selbst am Hals angekettet!

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